Samstag, 5. März 2011

Ist das BIP wirklich der Indikator für Wohlstand?

Der Wohlstand eines Landes wird oftmals an einer Kennzahl, dem Bruttoinlandsprodukt, gemessen. Entwickelt wurde dieser Indikator während großen Depression vom späteren Nobelpreisträger Simon Kuznets. Damals war er der erste Hilfsindikator für die Wirtschaftspolitik. Sehr verwundert es, dass sich noch keine weiteren neuen Erkenntnisse zum Messen des Wohlstandes verankert haben. Gilt doch das einundzwanzigsten Jahrhundert als das Jahrhundert der großen Innovationen.

Laut Definition ist das Bruttoinlandsprodukt unter anderem der Summe aller in einer Volkswirtschaft erbrachten Güter und Dienstleistungen. Aber was sagt dies über die Zufriedenheit der Menschen und die Perspektiven eines Wirtschaftsraumes aus? Was kann man aus dieser Kennzahl über die Lebensqualität eines Landes herauslesen?

Um das Problem zu erläutern, hier ein paar plakative Beispiele:

Angenommen, ein Mann heiratet seine Haushälterin. Subjektiv empfunden wird sein Wohlbefinden sicher steigen (sonst hätte er wohl nicht geheiratet). Das BIP geht allerdings zurück, da die Leistung der Haushälterin durch die Hochzeit nicht mehr berücksichtigt wird. Sie werden jetzt nun vielleicht schmunzelnd feststellen, dass das „Wohlbefinden“ eines Mannes mit der Hochzeit stark abnimmt. In manchen Fällen mag das auch zutreffen, allerdings muss dieses Faktum „zwingend“ eintreten muss.

Ein weiters Beispiel aus dem Bereich Familie: Eine berufstätige Mutter widmet sich vorübergehend der Kindererziehung. Das wirkt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit negativ auf das BIP aus. Das Haushaltseinkommen geht ja deutlich zurückgeht. Das Wohlbefinden der Familie dürfte allerdings trotz schlafloser Nächte und/oder schreiender Baby’s deutlich steigen.

Noch ein letztes Beispiel: Hier möchte ich die ökologische Komponente einfließen lassen. Ein Staat versucht den Unternehmen durch geringe Umweltstandards Vorteile zu verschaffen. Das wird höchstwahrscheinlich funktionieren. Die lokalen Unternehmen werden sicherlich davon profitieren. Sie haben ja gegenübeUnternehmen aus Ländern mit höheren Standards gewisse Wettbewerbsvorteile, wie etwas geringere Produktionskosten. Das BIP des Landes mit den geringen Umweltstandards wird wahrscheinlich (zumindest relativ) steigen. Das Wohlbefinden der Bevölkerung wird langfristig aber wohl sinken. Mit zunehmender Umweltverschmutzung wird die Lebensqualität deutlich zurückgehen.

Das BIP hat zweifelsohne seine Berechtigung und es würde auch keinen Sinn machen, die Kennzahl abzuschaffen. Gerade im Vergleich mit anderen Nationalstaaten hat sich das BIP/Kopf als Kennzahl etabliert. Für andere Analysen und Aussagen hat das BIP durchaus auch seine Berechtigung. Nichts desto trotz wäre der nächste logische Schritt, einen Indikator zu implementieren, der den Wohlstand eines Land widerspiegelt. Die Volkswirte sind also durchaus gefordert …

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